Learning by doing

In der sengenden Mittagssonne bretterten wir mit unseren knatternden Motorrädern in eine enge Gasse. Ein schlichtes Schild deutete den Weg: „Under the Coconut Tree“ – das musste unser Ziel sein! Wir verabschiedeten uns von Thrung und Throng und bedankten uns für die aufregende Fahrt, voller Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen. Die gastfreundliche Dame am Empfang lächelte uns an, überreichte frisch gepressten Limetten-Ingwer-Tee und eine Handvoll Kekse und bat uns, einige Minuten zu verweilen. Währenddessen erkundeten wir den Homestay, der einen vielversprechenden Empfangsbereich hatte: überall bunte Lampions, gemütliche Sitzecken und ein Wunschbaum, bedeckt mit kleinen Zetteln – ein Ort zum Träumen! Nach einer kurzen Wartezeit gesellte sich die Dame zu uns und stellte sich als Thanh vor. Sie erzählte uns alles Wissenswerte rund um den Homestay und informierte uns über verschiedene Aktivitäten und Touren, die wir in Hoi An unternehmen konnten. Die Auswahl war riesig – gut, dass wir in diesem zauberhaften Örtchen drei Nächte eingeplant hatten! 

Nach dieser hilfreichen Einführung führte uns Thanh zu unserem Bungalow. Als wir die Tür öffneten, glaubten wir, in ein Märchenland getreten zu sein: Der Bungalow war von außen und innen ein wahrer Traum! Lars, von diesem Anblick inspiriert, fiel sogleich in das gemütliche Bett und tauchte in die Welt der Träume ab, um für kommende Tage neue Energie zu sammeln. Währenddessen erkundete Leslie den nur fünf Minuten entfernten Strand. Im warmen Abendlicht spürte sie den Sand zwischen ihren Zehen, genoss den Ausblick auf die Cham-Inseln und spazierte an zahlreichen Fischerbooten entlang. Sie war so begeistert, dass sie Lars‘ Schlafplatz direkt an den Strand verlegte. Zum Glück fühlte sich Lars am Abend wieder fit genug, gemeinsam mit Leslie im „Ken Restaurant“ zu speisen – und immerhin konnte er eine köstliche Kürbissuppe genießen.

Der nächste Morgen startete viel besser als der vorherige: ein leckeres Frühstück im Ken stärkte uns für den Tag. Anschließend genossen wir eine kleine Auszeit am Strand, bei der wir Cappuccino und frischen Ananassaft schlürften,  uns im Meer erfrischten, und die Seele baumeln ließen. Die Mittagszeit sollte uns in die Stadt führen, die vier Kilometer vom Strand entfernt lag. Thanh hatte uns verraten, dass wir im Homestay Fahrräder ausleihen konnten, um dorthin zu gelangen. Wir lernten die zweite, genauso herzliche Rezeptionsdame kennen, die auf den Namen Thien hörte. Als wir nach Fahrrädern fragten, bat sie uns, einen Moment zu warten. Ein paar Minuten später kehrte sie mit einem leuchtend roten Moped zurück. Wir tauschten fragende Blicke aus, während Thien begann, uns Helme aufzusetzen und uns die Grundlagen der Moped-Führung zu erklären. In Vietnam schien es, als sei das Mopedfahren „Learning by Doing“. Nachdem Lars ein paar Runden die Straße hoch und runter gedüst war, traute sich auch Leslie, sich hinten aufzusetzen, und wir tuckerten langsam Richtung Stadt.

Unser erster Stopp war das Töpferdorf Than Ha, wo wir die Kunst des Töpferns selbst ausprobieren konnten. Nach einer zwanzigminütigen Fahrt erreichten wir das Dorf, suchten nach einem geeigneten Parkplatz für unser Moped und wurden von einer freundlichen Dame gebeten, es in ihrem Hof abzustellen. Dort konnten wir direkt mit dem Töpfern beginnen. Während die Dame alles für unseren Töpferkurs vorbereitete, fragte sie uns nach unseren Tickets. Welche Tickets? Wir starrten sie verwirrt an. Sie klärte uns auf: Der Besuch des Töpferdorfs erforderte Eintrittskarten, die am Eingang erhältlich waren. Vor lauter Moped-Glück waren wir wohl am Ticket-Schalter und der Kontrolle vorbeigerauscht. Oje! Peinlich berührt beeilten wir uns, zum Eingang zurückzukehren und die Tickets ordnungsgemäß zu erwerben. Danach bewunderten wir die beeindruckende Töpferkunst in den verschiedenen Läden des Dorfes und nahmen ein kleines Souvenir mit, eine Glücksschildkröte, die im Eintrittspreis enthalten war. Anschließend durften wir selbst unter Anleitung töpfern. Während Leslie sich geschickt anstellte, schaffte es Lars, seine Tonschüssel von der Drehscheibe aus durch den Raum zu schleudern, bis sie kläglich auf dem Boden aufschlug und nur noch ein Tonhaufen übrig war. Offensichtlich mussten wir noch eine Weile üben…

Als nächstes stand die Erkundung der Altstadt auf dem Programm. Wir hatten bereits von anderen Reisenden gehört, dass Hoi An als die Stadt der Schneider und Schneiderinnen bekannt war. Und als Thanh uns mitteilte, dass ihre Schwester eine Schneiderin war, beschlossen wir, uns bei ihr maßgeschneiderte Kleidung anfertigen zu lassen. Vom Töpferkurs fuhren wir direkt in die Stadt zum Schneider „Fourty One“, wo wir auf Thans Schwester trafen. Sie breitete stapelweise Bücher mit Ideen und Vorlagen für Kleider, Anzüge und Hemden aus. Nachdem wir gestöbert hatten, entschied sich Lars für zwei Hemden und Leslie für einen weißen Zweiteiler. Wir wurden von Kopf bis Fuß vermessen und gebeten, am nächsten Tag zur Anprobe zurückzukommen. 

Nach der traditionellen Schneider-Erfahrung machten wir uns von dort aus zu Fuß auf den Weg ins Zentrum Hoi Ans. Wir hatten uns nach dem hektischen Stadttreiben Da Nangs auf die ruhige Romantik des Fischerdorfs gefreut: mit einem Bötchen über den Fluss gleiten, zwischen schwimmenden Kerzen und leuchtenden Laternen. Fehlanzeige! Überall tummelten sich Touristengruppen, Boote drängten sich auf dem Fluss, geschmückt mit blinkenden Neon-Lampions. Am Flussufer versuchten alte Frauen verzweifelt, ihre schwimmenden Kerzen an die Touristen loszuwerden, um etwas Romantik auf den Fluss zu bringen. Überfordert flüchteten wir in ein Restaurant und beobachteten aus der zweiten Etage – dem nötigen Abstand – das bunte Treiben. Nach unserem kleinen Krankheitsausfall hatten wir beide nicht viel Appetit auf asiatisches Essen – zugegebenermaßen hatten wir ein kleines schlechtes Gewissen, als wir bei der Kellnerin eine Pizza und einen Hamburger bestellten. Gestärkt stürzten wir uns erneut ins Stadtgetümmel. Wir schlenderten über die Nachtmärkte, um bunte Waren und Souvenirs zu bewundern. Dann setzten wir uns wieder auf unseren treuen roten Flitzer und machten uns auf den Heimweg.

Der nächste Morgen brach an, und wir hatten große Pläne. Wir mussten unseren Magen für das aufregende Programm des Tages vorbereiten: einen Kochkurs und eine Korbboot-Tour. Pünktlich um 8 Uhr holte uns ein kleiner Bus ab und brachte uns in ein nahegelegenes Dorf. Dort wurden wir von einem fröhlichen Tourguide begrüßt, der uns zum täglichen Markt des Dorfes führte. Wir passierten schnell die nicht so appetitlichen Fleisch- und Fischstände und gelangten zur Gemüse- und Obstabteilung. Hier durften wir verschiedene Kräuter wie Zitronengras und Früchte wie Kumquats probieren.

Nach dem Marktbesuch fuhren wir zum Fluss, wo uns ein unvergessliches Erlebnis erwartete: die Korbboot-Tour. Die Boote sahen aus wie gewebte Körbe und fügten sich nahtlos in die natürliche Schönheit der Umgebung ein. Wir stiegen ein und ließen uns durch das von Palmen umringte Schilf entlang des Flusses treiben. Nach einigen Metern erreichte unsere Bootsführerin einen idealen Ort, um eine außergewöhnliche Aktivität zu starten: Sie überreichte uns zwei Stöcke mit kleinen Fischstücken am Ende und zeigte auf das Schilf. Wir verstanden die Zeichensprache sofort: Wir sollten Krabben fischen! Obwohl Leslie nicht sonderlich viel Glück hatte, schaffte es Lars, fünf Krabben zu fangen. Wir hatten anfangs Bedenken, diese Krabben im Kochkurs auf unseren Tellern wiederzufinden, aber zum Glück durften wir sie am Ende unserer Bootstour wieder in die Freiheit entlassen.

Zurück an Land startete auch schon der Kochkurs, der uns die Geheimnisse der vietnamesischen Küche näherbringen sollte. Mit Schürzen und Kochmützen ausgestattet fühlten wir uns wie echte Küchenchefs. Wir bereiteten zunächst einen erfrischenden Papaya-Salat zu, gefolgt von Reismilch-Pfannkuchen und knusprigen Frühlingsrollen. Zudem lernten, wir, aus einer Tomate eine kunstvolle Rosen-Dekoration zu zaubern. Zum krönenden Abschluss gab es eine beeindruckende Vorführung, bei der der Koch einen Schuss „Happy Water“ in die Pfanne gab, was zu einer spektakulären Stichflamme führte, die ihn wie einen wahren Meisterkoch aussehen ließ. Anschließend genossen wir unser köstlich zubereitetes Essen, obwohl es viel zu viel war. Im Food-Koma kehrten wir zurück zum Coconut Homestay.

Nach einer weiteren erholsamen Zeit am Strand fuhren wir erneut zum Schneider, um die Anproben durchzuführen. Lars‘ Hemden saßen perfekt, aber Leslies Outfit war viel zu groß. Wir planten, am nächsten Morgen nochmal vorbeizuschauen. Anschließend nahmen wir an einem Lampion-Bastelkurs in einem entzückenden Laden direkt an der Straße teil. Den Abend ließen wir in der leuchtenden Stadt ausklingen. Wir schlenderten über die Nachtmärkte und probierten eine lokale Spezialität, die „Eisrolle“. Dann fuhren wir zurück, um unseren letzten Abend in Hoi An mit einem leckeren Essen bei Ken abzuschließen.

Der letzte Morgen brach an: wir packten unsere Rucksäcke und checkten aus dem Coconut Homestay aus. Bisher hatten wir die Sehenswürdigkeiten der Altstadt von Hoi An für den Schluss aufgehoben, da wir vorher immer abends in der Stadt unterwegs waren. In unseren letzten Hoi An Stunden besichtigten wir die verschiedenen Attraktionen: Tempel, alte traditionelle Häuser und Versammlungshallen. Dann kehrten wir zum Coconut Hostel zurück, um unser Gepäck einzusammeln und uns von Thanh und Thien zu verabschieden. Wir würden den Bungalow und die leuchtenden Lampions vermissen, da waren wir uns sicher. Doch nun waren wir reif für die Insel…


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