Nachtzug Richtung Norden

Als wir den Nachtzug nach Chiang Mai betraten, staunten wir nicht schlecht: 50 bis 60 Stockbetten auf engstem Raum, die im Vergleich zu unseren Vietnam Erfahrungen sehr sauber waren. Wir verstauten unsere großen Backpacks in einer der Metallablagen, die neben jedem Bett angebracht waren, und versuchten mit Mühe und Not, die Matratze zu beziehen. Eine freundliche Thai Dame schaute uns fragend an und versuchte, uns auf Thai und mit Händen und Füßen eine Nachricht zu überbringen, indem sie abwechselnd auf das Ende des Wagons und auf das Bett zeigte. Wir verstanden nur Bahnhof. Als wir jedoch nach zehn Minuten Verwirrung den Schaffner fünf Betten entfernt von uns entdeckten und sahen, dass er die Betten vorbereitete, grinsten wir die Thai Dame peinlich berührt an, die uns schief lächeld zunickte – Anfängerfehler! Nachdem unsere Betten schließlich bezogen waren, kam auch schon eine weitere Dame des Bordpersonals mit einer Speisekarte vorbei, und wollte unsere Bestellung aufnehmen. Was ein Service, man bekam hier sogar Pad Thai im Nachtzug. Da wir dies nicht wussten und bereits vorher zu Abend gegessen hatten, lehnten wir dankend ab. Noch schnell auf Toilette und dann ins Land der Träume – dachten wir, doch die „Toilette“ war ein Abenteuer für sich!  Ein Loch im Boden des Zuges, das seinen Inhalt direkt aus dem Zug hinaus in die freie Natur beförderte. An der Tür hing ein schiefes Schild mit der Bitte, nach jedem Toilettengang zu spülen. Naja, immerhin gab es eine Toilette im Vergleich zum Nachtbus in Vietnam. Man muss dankbar sein für die kleinen Dinge im Leben…

Nach zwölf Stunden Fahrt – wie immer im puren Kühlschrank, zum Glück hatten wir uns warm angezogen – erreichten wir unser nächstes Ziel in Thailand: Chiang Mai. Aus dem Zug ausgestiegen, schlug uns die Hitze entgegen. Eine überaus motivierte Taxifahrerin überzeugte uns mit dem gleichen Preis, den ein Grab kostete, und so ließen wir uns von ihr zu unserem Hotel bringen. Auf der Fahrt sprudelte sie nur so von Highlights, die man in Chiang Mai erleben konnte und erzählte uns von möglichen Touren, die sie mit ihrem Taxi anbot. Als wir an der Polizeikontrolle vorbeikamen, schloss sie in Zeitlupe und ganz entspannt ihren Anschnallgurt – so funktionierte das also mit der Polizei in Thailand.

Da wir um 10 Uhr morgens noch nicht ins Hotel einchecken konnten, gingen wir zunächst lecker frühstücken und nahmen uns mit neuer Energie und gefühlten 40 Grad im Schatten vor, die Stadt zu erkunden. An einer Kreuzung drängelte sich ein kleiner Thai mit Sonnenschirm vor uns, um sich dann mit entschuldigendem Blick zu uns umzudrehen: „Hi, where are you from?“ Als wir ihm unsere Herkunft verrieten, erzählte er uns von seiner Hochzeit in wenigen Wochen, und dass er dann danach seinen Honeymoon in Europa verbrachte, unter anderem in Deutschland. Er war in Chiang Mai, um seinen Anzug Schneidern zu lassen und den Hochzeitsring zu kaufen. Beim Wort „Tailor“ klingelten uns schon wieder die Ohren – wir warteten während des Gesprächs nach unseren Erfahrungen aus Bangkok nur darauf, eine Tuk Tuk Fahrt angedreht zu bekommen. Doch Fehlanzeige! Der junge Thai warnte uns vor den Schneidern in Bangkok, die schlechtes Material verwendeten, erzählte uns von einer Mönchsparade in Chiang Mai am nächsten Tag, an dem junge Mönche den Kopf rasiert bekamen, und gab uns noch ein paar Ausflugstipps. Danach verabschiedete er sich und wünschte uns eine gute Reise. Und wir merkten nach diesem Gespräch, dass wir unterbewusst bereits Vorurteile aufgebaut hatten, die wir schnell wieder vergessen sollten, um solche Begegnungen erleben zu können.

Bevor wir ins Hotel eincheckten, machten wir noch einen kurzen Stopp im Café Pegasus, das von unserem Freund und Helfer Google die beste Bewertung erhielt. Wir staunten nicht schlecht: ein freundlich lächelnder Thai goss gerade die Pflanzen in seinem Garten, in den er offensichtlich ein kleines Café gebaut hatte. Als er uns erblickte, unterbrach er seine Gartenarbeit und bereitete uns einen super leckeren Kaffee zu, den wir in seiner grünen Oase genossen. 

Im Hotel angekommen, unterhielt sich Lars eine Stunde lang mit unserem Host Thoni, der uns all sein Wissen über Chiang Mai verriet und die nächsten Tage für uns durchplante. Sein bester Insider Tipp war folgender: Wir sollten uns ein Motorrad leihen und damit die Umgebung Chiang Mais erkunden. Als Lars ihm erklärte, dass wir kein Motorradführerschein besaßen, winkte er nur zwinkernd ab uns sagte „No problem.“ Wenn wir seiner empfohlenen Route folgten, würden wir die Polizeikontrolle umfahren, da sie nur an einer bestimmten Zufahrtsstraße kontrollierten. Wenn wir aber trotzdem in eine Kontrolle geraten würden, bekämen wir einen Strafzettel, der uns 500 Baht kostete (umgerechnet 15 Euro), mit dem wir dann drei Tage lang freie Fahrt hätten – sozusagen einen Motorradführerschein für drei Tage. Und es kam noch besser: Thoni betonte grinsend, dass wir einfach erst nach 14 Uhr zurückkehren sollten, denn da machte die Polizei Feierabend. Okay, so langsam verstanden wir den way of life in Thailand…

Ausgerüstet mit Thonis Insidertipps machten wir uns nun auf den Weg in die Stadt, um unsere erste Tempeltour in Chiang Mai zu starten. Als Stärkung für die Tour statteten wir uns zum ersten Mal mit den weltberühmten „Toasties“ aus – das waren kleine Toasts gefüllt mit Käse, Schinken oder Spinat, die man in jedem 7-Eleven (Supermarkt, von dem es in ganz Thailand alle 50 Meter einen gab), aufgewärmt kaufen konnte. Auf unserer Reise stellen wir fest, dass diese kleinen Sandwichs an jedem Reisetag für alle Backpacker überlebenswichtig waren.

Als wir beim ersten, prunkvollen und mit Gold verzierten Tempel Wat Chiang Man ankamen, zogen dunkle Wolken auf und wir bekamen zum ersten Mal zu spüren, dass wir Thailand in seiner Regenzeit besuchten – innerhalb von einer Minute schüttete es aus Eimern! Wir hatten keine andere Wahl, als uns im Tempel Unterschlupf zu suchen. Unter dem Vordach des Tempels warteten wir auf besseres Wetter und planten die nächsten Tage. Vor allem machten wir uns darüber Gedanken, ob und wenn ja, mit welchem Tour-Anbieter wir in den nächsten Tagen Elefanten sehen wollten. Nach einer halben Stunde hatte der Regen aufgehört und wir konnten unsere Tempeltour fortführen. Wir besuchten die zwei Tempel Wat Phra Singh und Wat Chedi Luang, in denen wir, wie gewohnt, barfuß und bedeckt die goldenen Buddha Statuen und glitzernden Verzierungen bewunderten. Leider waren wir etwas zu spät im Tempel Wat Chedi Luang, da man dort bis 17 Uhr mit einem Mönch sprechen konnte. Wie uns die Belgier aus Bangkok später berichteten, – Spoiler: ja, es gab ein Wiedersehen – studierte der Mönch Englisch und bot an, mit den Touristen über den Buddhismus und sein Leben zu sprechen, um die Sprache zu verbessern – eine tolle Möglichkeit, die wir die nächsten Tage nochmal nutzen wollten.

Zurück im Hostel buchte Thoni uns eine Elefanten-Tour, die wir auch von anderen Reisenden empfohlen bekommen hatten. Anschließend mieteten wir uns ein Motorrad für 24 Stunden, mit dem wir am nächsten  Tag die Umgebung Chiang Mais erkunden wollten. Nach dem Abendessen gab es dann zum Abschluss des Tages noch die zweite Thai Massage der Reise, welche deutlich stärker war, als die in Bangkok, obwohl wir uns diesmal beide für die Ölvariante entschieden hatten. Gut durchgeknetet und mit etwas Muskelkater fielen wir müde in unser Bett und freuten uns schon auf die weiteren Tage im Norden Thailands.


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