Nach einem langen Tag und einer halben Stunde hupendes Verkehrschaos hatten wir es endlich geschafft: Wir standen vor unserer Unterkunft im berühmt berüchtigten Saigon – oder Ho Chi Minh City, wie die Stadt zu Ehren des ehemaligen Staatsführers umbenannt wurde. Lars hatte ein AirBnB gebucht, in das man selbst mit Tür-Code einchecken konnte, da wir bereits vorher wussten, dass wir erst abends um 23.00 Uhr ankommen würden. Doch als wir gerade anfingen, den Code einzugeben, öffnete uns ein junger Mann die Tür. Er begrüßte uns freundlich und erklärte, dass er sich um die Wohnungen im Haus kümmerte. Dann lief er los, um uns zu unserem Zimmer zu führen – doch das befand sich im dritten Stock und es gab natürlich keinen Aufzug. Wenn wir das vorher gewusst hätten… mit letzter Kraft schleiften wir unser Gepäck die drei Stockwerke nach oben und mussten uns dann erstmal von der spontanen, mitternächtlichen Sporteinheit erholen. Doch als wir die Tür öffneten, staunten wir nicht schlecht: Das Zimmer war total modern eingerichtet, mit einem gemütlichen Bett, vielen Pflanzen, einem Beamer mit Leinwand und einer Badewanne mitten im Zimmer! Wenn das nicht ein guter Ort für Erholung war…


Am nächsten Morgen machten wir uns – nachdem wir nach einem anstrengenden Reisetag etwas ausgeschlafen hatten – auf den Weg zum Frühstück. Lars hatte im Internet ein Café gefunden, dass ironischerweise „Little Hanoi“ hieß. Dort stärkten wir uns mit dem typischen Eierkaffee aus Hanoi und einem außergewöhnlich leckeren Mango-Honig-Frischkäse-Toast für den Tag. Für 13.00 Uhr hatten wir eine kostenlose Walking Tour gebucht, um einen ersten Eindruck der Stadt zu bekommen und die bekanntesten Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Um Punkt 12.50 Uhr trafen wir am Treffpunkt, vor der Notre-Dame-Kathedrale, ein. Komischerweise erwartete uns dort weder ein Tourguide noch andere Reisende, die Saigon zu Fuß erkunden wollten. Wir schoben dies auf unsere deutsche Pünktlichkeit und vertrieben uns die Zeit damit, die eingerüstete Kathedrale und das gegenüberliegende, imposante Post Office zu begutachten. Als jedoch nach einer halben Stunde immer noch kein Tour Guide aufgetaucht war, gaben wir die Hoffnung auf und beschlossen, die Stadt selbst zu erkunden. Saigon überraschte uns mit hohen Bauten, französisch-europäischer Architektur und höchstmodernen Wolkenkratzern. Tatsächlich entpuppte sich die Stadt als sehr international und natürlich kamen wir (Leslie) nicht an Zara und H&M vorbei, ohne einen Blick hineinzuwerfen. Das Ende vom Lied war, dass Lars – wie immer, wenn wir gemeinsam shoppen gehen – drei neue Shirts kaufte, während Leslie leer ausging. Anschließend liefen wir entlang des tosenden Verkehrs zwischen den Wolkenkratzern vor an das Ufer des Saigon Rivers. Die Weite des Flusses ermöglichte uns eine tolle Aussicht auf die Stadt, und in der Ferne erblickten wir das Landmark 81, das höchste Gebäude Vietnams. Da es ziemlich heiß war und die stehende Luft uns jegliche Energie raubte, setzten wir uns nach einem kleinen Spaziergang am Fluss in ein Café und kühlten uns mit einem frischen Maracujasaft ab.





Nachmittags zogen sich die Wolken zusammen und der Himmel wurde grau. Als wir gerade entlang der Phố đi bộ Nguyễn Huệ Straße Richtung Ho Chi Minh Square schlenderten, fing es an, in Strömen zu regnen. Glücklicherweise liefen wir gerade am beliebten „Café Apartment“ vorbei. Das Café Apartment Gebäude wurde Mitte der 1960er Jahre erbaut und diente ursprünglich als Wohnheim für Regierungs- und Militärangehörige, darunter US-Berater in den 1950er und 1960er Jahren sowie Marineoffiziere in der Nachkriegszeit. Nach dem Fall von Saigon wurden einige der Wohnungen an Werftarbeiter vergeben. Doch erst in den 2010er Jahren begannen die Eigentümer dieser Gebäude, das Konzept der Cafe-Wohnungen zu übernehmen, welches sich anschließend zu einem kulturellen Phänomen in Saigon entwickelte. Heute beherbergt es eine Vielzahl hipper Cafés, Werkstätten, Modeboutiquen und Co-Working-Spaces und ist zu einem beliebten Treffpunkt für die Jugend von Saigon geworden. Für uns war es in diesem Moment das perfekte Schlechtwetter-Programm. Wir stiegen die sieben Stockwerke des Hauses hoch, Treppe um Treppe, und erkundeten die verschiedenen Shops, Cafés und Restaurants auf den Etagen. Auf Etage sieben fanden wir ein Sushi-Restaurant, und da Lars direkt Heißhunger auf Sushi bekam, überzeugte uns die Speisekarte schnell und wir traten in das gemütliche Restaurant, während draußen die Welt unterging. Wir bestellten uns eine bunte Mischung aus Avocado-, Gurken-, Mango- und Hähnchen-Sushi, dazu eine große, himmlische Rahmen-Nudelsuppe. Satt und glücklich verließen wir das Restaurant und wunderten uns nach drei Wochen in Vietnam immer noch, wie günstig das Essen hier war: wir hatten zu zweit für fünf verschiedene Gerichte und Getränke gerade mal zwanzig Euro gezahlt! Unser Heimweg führte uns am Ben Tanh Market vorbei, wo die Verkäufer der kunterbunten und überfüllten Stände versuchten, ihren letzten Verkauf des Tages an uns loszuwerden. Nachdem wir den Markt überlebten, ohne Geld auszugeben, machten wir uns auf den Heimweg – und stellten schockiert fest, dass wir 45 Minuten bis zu unserem AirBnB brauchten. Trotzdem entschieden wir uns, zu Fuß zu gehen, um die Atmosphäre der Stadt auch bei Nacht zu erleben…


Am nächsten Morgen saßen wir schon um 8 Uhr beim Frühstück im Little Hanoi und verspeisten unseren Mango-Toast, bevor wir uns um 9 Uhr auf den Weg zum Financial Tower machten. Am Tag zuvor beschlossen wir, unser Glück nochmal zu versuchen und eine andere Free Walking Tour für den nächsten Tag zu buchen. Und tatsächlich trafen wir am Treffpunkt auf einen Niederländer, eine Inderin und zwei Deutsche, die die Tour ebenfalls gebucht hatten – Glück gehabt! Fünf Minuten später traf auch schon unser Tourguide ein – ein sehr netter Guide, der uns viel Interessantes über die (Kriegs-)Geschichte Saigons berichten konnte. Gemeinsam klapperten wir alle bekannten Sehenswürdigkeiten ab, darunter das Opernhaus, ehemalige amerikanische Zentralen, die Kathedrale, den Ho Chi Minh Square und den Unabhängigkeitspalast. Am Ho Chi Minh Square beobachteten wir eine ikonische Szene für Vietnam: mitten auf dem Kreisverkehr zwischen rasenden Autos und hupenden Mopeds machte ein Brautpaar ihr Hochzeitsshooting! Von diesem Anblick waren wir so verblüfft, dass wir erstmal selbst davon Fotos schießen mussten. Danach führte uns der Guide zu einem Take-away-Café, wo wir den traditionellen Kokosnuss-Kaffee probieren durften – mmh! Am antiken Post Office machten wir einen längeren Stopp, um direkt von dort Postkarten zu verschicken. Außerdem spazierten wir durch die Saigon Book Street, eine Straße voller Buchläden, in denen die Menschen lesend verweilten. Die Tour schlossen wir auf einem Streetfood Market ab, wo wir alle gemeinsam zu Mittag aßen und uns mit dem Tourguide und den anderen Reisenden austauschten. Nun mussten wir uns verabschieden, da wir für nachmittags eine Tour zu einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Saigons geplant hatten.






Um 13 Uhr wurden wir beim Reisebüro Kim Travel von unserem zweiten Tourguide des Tages abgeholt. In einem Kleinbus machten wir uns mit zehn anderen Reisenden auf den Weg zu den Cu-Chi-Tunneln, ein Tunnelsystem, in dem vietnamesische Partisanen im Vietnamkrieg von 1960 bis 1975 lebten und sich versteckt hielten. Mit sarkastischem Humor erzählte uns der Tourguide während der Fahrt seine Perspektive auf sein Heimatland. Hier ein paar Ausschnitte aus seinen Erzählungen:
„In your guidebooks for Vietnam, it says that we eat dogs. We do. When we have nothing else to eat, we eat dogs.“ In euren Reiseführern steht, dass wir Hund essen. Das essen wir auch. Wenn wir nichts anderes zu essen haben, essen wir halt Hund.
„We mostly eat rice here. Rice noodles, rice paper… just rice. When it’s hot, we have rice soup.“ Wir essen hier nur Reis. Reisnudeln, Reispapier…Reis. Wenn es heiß ist, gibt es Reissuppe.
„It’s so strange. In our country, we kill and eat snakes. In your countries, you protect snakes, and then the snakes kill you.“ Es ist so komisch. In unserem Land töten und essen wir Schlangen. In euren Ländern schützt ihr die Schlangen und dann töten die Schlangen euch.
„Nothing is free in a communist country except Wi-Free.“ Nichts ist kostenlos in einem kommunistischen Land, außer Wi-Free.
„In Vietnam, there is no education, no healthcare system, no retirement. Retirement is only for people who collaborate with the government. We take care of the elderly and the younger members of the family; that’s the retirement system in Vietnam.“ In Vietnam gibt es keine Bildung, kein Krankenversicherungssystem, keine Rente. Rente gibt es nur für Menschen, die mit der Regierung zusammenarbeiten. Wir kümmern uns um die älteren und die jüngeren der Familie, das ist das Rentensystem in Vietnam.
„You care about tomorrow. We work to survive. We take care of ourselves. We don’t care about tomorrow, but about today.“ Ihr sorgt euch um das Morgen. Wir arbeiten, um zu überleben. Wir kümmern uns um uns selbst. Wir kümmern uns nicht um das Morgen, sondern um das Heute.
„Many children only go to school for a few years. Then they stop because they need to help their parents at home.“ Viele Kinder gehen nur ein paar Jahre zur Schule. Dann hören sie auf, weil sie ihren Eltern zu Hause helfen müssen.
„We love Ho Chi Minh, you might have noticed. We love him so much because he’s on our money.“ Wir lieben Ho Chi Minh, das hast du vielleicht schon gemerkt. Wir lieben ihn so sehr, weil er auf unserem Geld drauf ist.
„We have many different Buddha statues. We have Lady Buddha. Other Buddhist countries don’t have her. Oh, and we have Doctor Buddha. He’s for the poor who can’t afford to go to a doctor. They pray to Doctor Buddha, thinking that if they pray, he will help them get better. Sometimes, it works. It’s a psychological trick.“ Wir haben viele verschiedene Buddha-Statuen. Wir haben Lady Buddha. Andere buddhistische Länder haben sie nicht. Oh, und wir haben Doktor Buddha. Er ist für die Armen, die es sich nicht leisten können, zu einem Arzt zu gehen. Sie beten zu Doktor Buddha, weil sie glauben, dass er ihnen helfen wird, wenn sie beten. Manchmal klappt es auch. Es ist ein psychologischer Trick.
Wir schmunzelten in uns hinein: die Ironie des Tourguides fesselte uns an seine spannenden Geschichten, und die Autofahrt verging wie im Flug. Nach eineinhalb Stunden waren wir bei unserem ersten Stopp angekommen: Zunächst besuchten wir eine Handicraft Factory, in der Kriegsveteranen oder Menschen mit posttraumatischen Störungen durch den Krieg arbeiteten. Sie erklärten uns, wie sie Bilder und Schalen mit Eierschalen und Muscheln verzierten – die Bilder waren wahre Kunstwerke! Wir kauften im Shop eine schön verzierte Schüssel im Shop, wobei ein Teil des Erlöses an die Hilfe für Kriegsveteranen gespendet wurde. Nach diesem ersten Stopp waren wir nach einer halben Stunde an unserem eigentlichen Ziel angekommen: die Cu-Chi-Tunnel. Durch einen großen Tunnel gelangten wir auf das Gelände. Der Tourguide erklärte uns mit seinem außergewöhnlichen Humor, dass wir seinen Schritten folgen sollten, da er wusste, wo Landminen versteckt waren. Ob das ein Spaß war oder nicht, wussten wir nicht genau; wir folgten seiner Anweisung lieber. Im ehemaligen Kriegsgebiet war es sehr heiß und feucht, da wir uns direkt im Dschungel befanden. Unser Tourguide führte uns zu der ersten Falle, mit denen die Vietcong Kämpfer die Amerikaner reinlegten: ein mit Gras bewachsenes Stück Erde, dass sich drehte, wenn man hineintrat, sodass der Feind in ein Loch mit spitzen Giftpfeilen fiel. Wir folgten dem Tourguide tiefer in den Dschungel, als er plötzlich direkt neben einem Baum stehen blieb. Er bückte sich, schob das Laub auf dem Boden zur Seite und eröffnete die Sicht auf einen Deckel, den er anhob: der Eingang zum Tunnelsystem! Er erklärte uns, dass dieser Eingang extra für Touristen vergrößert wurde! Früher waren die Tunnel so eng, dass nur Vietcong durch passten und die Amerikaner stecken blieben. Wir durften alle einmal ausprobieren, in das Tunnelsystem zu gelangen, und wir passten gerade so durch den Eingang durch. An weiteren Fallen vorbei bekamen wir Einblick in das Leben während des Krieges: wir besichtigten ein unterirdisches Krankenlager, eine Küche und der Raum der Waffenherstellung – alles im Tunnelsystem! Während des Besuchs hörten wir immer wieder Schüsse, was etwas angsteinjagend war. Der Tourguide hatte uns schon zuvor erzählt, dass es auch eine Schießstation gab, wo man Munition kaufen und selbst schießen konnte. Wir fanden das alle etwas grotesk und makaber, sodass wir den Schießstand schnell passierten. Jetzt konnten wir selbst durch (wieder extra vergrößerte) Tunnel kriechen und uns zumindest ansatzweise das Leben im Dunklen während des Krieges vorstellen. Am Ende unseres Besuches durften wir noch das typische Essen während des Krieges probieren: die Taro-Wurzel, die wie ein Gemisch aus Esskastanie und Süßkartoffel schmeckte. Mit interessanten aber auch erschreckenden Eindrücken verließen wir das Gelände und erreichten nach einer zweistündigen Busfahrt um 19.00 Uhr das Stadtzentrum Saigons.







Da wir hungrig vom langen Tag waren, steuerten wir direkt den Street Food Market an. Dort bestellten wir uns eine Pizza und eine Calzone, da wir mal wieder etwas Abwechslung zum asiatischen Essen brauchten – und wo ging das besser als im internationalen Saigon? Als wir gerade unsere Pizza verspeist hatten, sprach ein junger Mann, der am Nachbartisch saß, Lars an: „Hey Bro, you like spicy?“. Er hatte ein paar Tacos übrig, die ihm zu scharf waren. Lars hatte offensichtlich noch nicht genug von zu scharfem Essen und nahm das Angebot dankend an. Während Lars eine halbe Stunde wieder nicht reden konnte, lernte Leslie unsere Taco-Bekanntschaft kennen: Danny und Angela aus Sydney. Danny war in New York aufgewachsen, Angela kam aus Spanien. Den ganzen Abend unterhielten wir uns, und Danny erzählte von seinem Leben in New York. Lars konnte irgendwann dank eines Kokosnuss-Eis, das seinen Mund kühlte, auch wieder den Abend genießen…


Am nächsten Morgen befanden wir uns bereits in einem anderen Reisebus, der uns ins Mekong-Delta brachte, eine Region entlang des Mekong-Flusses. Am Hafen stiegen wir in ein Boot, das uns über den Mekong zu einer Honigfarm brachte. Dort hatten wir die Gelegenheit, einen Bienenschwarm zu halten und leckeren Honigtee zu probieren. Außerdem konnten wir sogar eine Würgeschlange um unseren Hals legen. Der nächste Programmpunkt fand unter einem Hain statt, wo Tische mit Tellern voller tropischer Früchte und Tee gedeckt waren. Vor dem Hintergrund traditioneller vietnamesischer Musik konnten wir exotische Früchte genießen. Anschließend machten wir eine kleine Bootsfahrt zu Ruderbooten, die uns zu unserem nächsten Ziel brachten – einem Ort, an dem Kokosnuss-Süßigkeiten hergestellt wurden. Unser Reiseleiter zeigte uns, wie man mit einem einzigen Schlag eine Kokosnuss in zwei Hälften teilt. Danach durften wir die Kokosnuss-Süßigkeiten kosten, die ähnlich wie Karamel waren. Sie schmeckten uns so gut, dass wir einige Päckchen davon kauften. Nach unserem letzten Stopp fuhren wir mit einem Tuk Tuk zu einem Restaurant, wo wir zu Mittag aßen. Auf jedem Tisch war ein riesiger Fisch und eine Vielzahl anderer vietnamesischer Gerichte vorbereitet. Nach dem Essen hatten wir eine Stunde Zeit, um das Gelände des Restaurants zu erkunden, das einem Zoo ähnelte, und wir konnten verschiedene Becken mit Fischen, Krokodilen, Stachelschweinen und anderen Tieren entdecken. Wir kehrten mit kleinen Motorbooten zur Anlegestelle zurück, wo das größere Boot auf uns wartete, um uns zurück zum Hafen zu bringen. Zurück in Saigon ruhten wir uns ein bisschen in unserem AirBnB aus, bevor wir abends wieder lecker Essen gingen. Unsere Sehnsucht hatte uns wohl gepackt, denn wir entschieden uns nochmal für italienisch…










An unserem letzten Tag in Saigon stand das Kriegsrestemuseum auf dem Plan. Nach einem leckeren Mango-Toast-Frühstück machten wir uns auf den Weg zum „War Remnants Museum“. Dort hielten wir uns zweieinhalb Stunden auf und schauten uns die Foto-Dokumentation der Gräueltaten der Amerikaner an den Vietnamesen an. Erst im Kriegsmuseum, an unserem letzten Tag in Vietnam, konnten wir vollständig realisieren, wie grausam die Geschichte des Landes war und wie lange das Land gekämpft hatte, um da zu stehen, wo es jetzt war. Von dem Schock der Bilder mussten wir uns erstmal erholen, und da es in Strömen regnete, als wir das Museum verließen, setzten wir uns in das nächstgelegene Café. Nachdem wir noch die letzten Mitbringsel in der Stadt besorgten und den letzten Tag durch die Stadt schlenderten, aßen wir abends in einem Restaurant des „Café Apartments“ leckere Nudeln mit einer tollen Aussicht auf die Phố đi bộ Nguyễn Huệ Straße. Dort begann das abendlich-nächtliche Treiben, Familien und Freundesgruppen spazierten umher, ein paar tanzende Mädchengruppen drehten TIkToks, und am Ende der Straße gab eine Sängerin auf einer Bühne ein paar Songs zum besten. Nach dem Abendessen tauchten wir selbst in das Nachtleben von Ho Chi Minh City. Nachdem wir ein paar Tik-Tok-Tänzerinnen beobachtet hatten, machten wir uns auf den Weg zu einer Skybar, die uns der Tourguide bei der Stadtführung empfohlen hatte. Als wir vor dem riesigen Wolkenkratzer ankamen, traten wir durch eine Schiebetür in einen prunkvollen Eingang mit roten Teppich – so viel Glamour hatten wir nicht erwartet, denn wir waren ziemlich casual angezogen. Bevor wir uns darüber viele Gedanken machen konnten, fragte uns ein Mann in Anzug höflich, ob wir zur Skybar wollten. Als wir nickend zustimmen, begleitete er uns an zwei im roten Abendkleid leuchtenden Frauen, die uns freundlich begrüßten, zum Aufzug, rief ihn für uns und wartete, bis sich die Tür öffnete. Dann drückte er auf den Knopf für das Stockwerk Nummer 26. Oben wurden wir von einer Frau in knallroten Abendkleid empfangen und zur Bar geführt. Wir bestellten uns zwei für Vietnam sündhaft teure Cocktails (12 Euro) und bekamen von einem in Anzug gekleideten Kellner einen Stehtisch zugewiesen. Spätestens nachdem der Kellner unsere Taschen abnahm und sie unten am Stehtisch aufhängte, wussten wir, dass wir in der High Society Vietnams angekommen waren. Wir schlürften unsere Cocktails und ließen die unglaubliche Aussicht über Saigon auf uns wirken. Zudem beobachteten wir die anderen Besucher der Bar: Geschäftsleute in Anzug, Frauen in Abendkleidern, junge Snobs, die das Partylife lebten, es wurde getanzt, getrunken, geraucht. Ein DJ machte von einer erhöhten Plattform aus Stimmung. Die Kellner beobachteten das Geschehen genau, um nicht zu verpassen, dass sie jemandem die Zigarette anzünden sollten. Wir fühlten uns etwas fehl am Platz mit unserem Touristen-Outfit. Nachdem wir unsere Cocktails leer getrunken und noch ein Foto vor den Wolkenkratzern Saigons gemacht hatten, wurden wir zum Aufzug begleitet und fuhren zurück auf den Boden der Tatsachen…



